Rede im Landtag Februar 2022

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren,

„Wohnraum schaffen – bezahlbar, nachhaltig, innovativ“ ist das Ziel, dass sich diese Koalition gesetzt hat.

Wir sprechen bewusst von Wohnraum. Denn die Wohnformen, um die es am Ende geht, sind so vielfältig wie die Menschen in unserem Land. Vom Tiny House bis zum Reihenhaus, von der Studentenbude bis zur Senioren-WG. Unser Ansatz ist dabei auch klar: Wir wollen ermöglichen, nicht vorschreiben, Gestaltungsspielräume schaffen und nicht verknappen.

Speziell für die Kollegen der FDP/DVP: Nur weil das Ministerium für Tiny Häuser zuständig ist, ist es kein Tiny-House-Ministerium. Die Aufsicht über das Patent- und Markenamt macht ja auch den Bundesjustizminister weder zu einem patenten Minister noch zu einer Marke.

Wohnraum muss wieder bezahlbar werden. Orientiert an den Möglichkeiten unserer Bürgerinnen und Bürger. Mit einer BAUWENDE wollen wir das Bauen nicht nur innovativ machen, sondern auch nachhaltig. Bauen und Wohnnutzung sind ein Schwerpunkt unserer Anstrengungen, unser Baden-Württemberg klimaneutral zu machen. Dazu bekennen wir uns.

Ich bin unserer Ministerin Nicole Razavi dankbar, dass Sie sich mit Herzblut und Engagement hier einbringt. Einen besonderen Schwerpunkt stellt dabei die Schaffung geförderten Wohnraums dar. Durch den Mangel an Angeboten, gerade in unseren Ballungszentren, und die dadurch steigenden Mieten ist der Bedarf an staatlich gefördertem Wohnraum kein Randthema mehr, sondern buchstäblich in der Mitte der Gesellschaft.

Was aber auch klar ist: Das wichtigste Ergebnis von Baupolitik ist am Ende in Beton, Holz und Stahl zu beobachten. Und wir wissen aber auch, dass man nicht wie in den sechziger und siebziger Jahren große Wohnblöcke an die Stadtränder stellen kann. Übrigens: Wer gerne den Satz „hören Sie auf die Wissenschaft“ vor sich herträgt – das war damals Stand der Technik in Architektur und Stadtplanung. Deshalb brauchen wir Nachhaltigkeit in allen Dimensionen: finanziell, sozial, klimagerecht.

Deshalb freut es uns, dass 2021 mehr Sozialwohnungen gebaut wurden als in den Jahren zuvor. 1545 Wohnungen sind ein Erfolg. Richtig ist auch, dass es ein Zwischenerfolg ist und unser Wohnraummangel nicht von heute auf morgen verschwinden kann.

Es gibt zwei Möglichkeiten, wie man darüber diskutieren kann. Man kann sagen, dass sich der Bestand von Wohnungen am Bedarf orientieren muss, Phasen des Aufwuchses und des Abschmelzens aufeinander folgen, und die Bevölkerungsprognosen der 2000er Jahre von anderen Entwicklungen ausgingt.

Oder man kritisiert pauschal alles. Das kann man als Pflicht der Opposition ansehen.

  • Dann, liebe Kollegen von der SPD, muss man daran erinnern, dass unter einem SPD-Finanzminister in Baden-Württemberg der Wohnungsbestand der LBBW verkauft wurde. An einen Finanzinvestor statt an ein kommunales Konsortium. Dieser Finanzinvestor verkaufte drei Jahre später hochpreisig weiter.
  • Dazu lohnt sich auch ein Blick in den Landeshaushalt, nur auf die eingesetzten Landesmittel in der Wohnraumförderung: 2013 und 2014 umfasste das Bewilligungsvolumen gerade mal jeweils 21 Mio. Euro,  immerhin 63 Mio. dann im Jahr 2015. Ab 2016 aber haben wir eine deutliche Steigerung mit Bewilligungsvolumina im Bereich von 100 – 120 Mio. Euro im Jahr. Der Zahlenvergleich spricht für sich. 

Liebe Kolleginnen und Kollegen, auf der Grundlage brauchen wir keine Belehrungen.

Eine weitere Bemerkung: Egal ob die Kommune baut oder ein privater Träger: Die Erschließung von Bauland ist der Flaschenhals. Deshalb haben wir z.B. das Programm „Flächen gewinnen durch Innenentwicklung“ gestärkt. Die von Teilen der Opposition geforderte Landeswohnbaugesellschaft schafft hingegen gut bezahlte Geschäftsführerjobs, aber keinen Quadratmeter zusätzliche Fläche.

Mit dem Förderprogramm Wohnungsbau BW 2022 gehen wir weiter konsequent das Thema Mietraumförderung an.

  • Wir sichern die Attraktivität der Förderangebote und steigern sie.
  • Damit nicht immer mehr Wohnungen aus der Sozialbindung fallen, erhöhen wir die Bindungsfristen. Die Erhöhung der Bindungsfrist auf 40 Jahre schlägt sich dann auch in erhöhter Förderung nieder.
  • Und wir passen die Modernisierungsförderung auf einen verbesserten Standard an. Klimaschutz made in bw! Sie sehen den Dreiklang: finanziell, sozial, und klimagerecht.

Im Einzelnen

  • Wir erhöhen die förderfähigen Baukosten und gestalten die soziale Mietwohnraumförderung dynamisch aus. Denn die Baukosten steigen. Materialknappheit, Materialmangel, Fachkräftemangel, steigende Rohstoff- und Energiekosten: bauen wird teurer. Wir heben den Festbetrag von 3.500 Euro auf 4.000 Euro pro Quadratmeter an.
  • Wir heben die Festanteilsförderung bzw. die Zuschussbeträge in der sozialen Mietwohnraumförderung an! Damit kompensieren wir Förderverluste gerade in Bedarfszentren des Landes, indem wir auf Mietverzichte aufgrund bindungsbedingter prozentualer Mietabsenkungen reagieren.
  • Wir heben die Höchstbeträge des Förderdarlehens der sozialen Förderung selbst genutzten Wohnraums mit einer dynamischen Ausgestaltung an!
  • Wir kompensieren den Wegfall der bundesseitigen Zuschussförderung für KfW 55 im Neubau sowohl in der sozialen Mietwohnraumförderung als auch für die Förderung selbst genutzten Wohnraums. Dabei handelt es sich um 18.000 Euro je entstehender Wohneinheit im Mietwohnungsbau und 20.000 Euro in der sozialen Förderung selbst genutzten Wohnraums.

Das bringt mich zu einem wichtigen Punkt.

Die Ankündigung von Minister Habeck, die KfW Förderung im Bund vor dem regulären Auslaufen zu stoppen, hat uns in der Politik überrascht, viele Bürgerinnen und Bürger schockiert und Antragssteller entsetzt. Wir alle kennen die Zuschriften aus den Wahlkreisen.

Es betrifft nicht nur die Familie mit dem Wunsch nach dem Einfamilienhaus, was ja für manche bereits doppelt verdächtig ist, sondern auch institutionelle Träger wie Baugenossenschaften, die nachhaltige und soziale Projekte verwirklichen wollen.

Jetzt hat man eine Lösung gefunden, um die gestellten Anträge weiterzubearbeiten. Das ist das mindeste, worauf man hoffen durfte. Wenn im Wahlkampf noch „Respekt für Dich“ plakatiert wurde, sollte man diesen auch einfordern, wenn es um die größte Investitionsentscheidung geht, die der Normalbürger im Leben so tätigt.

Dieser Vorgang bestärkt die gefährliche Entwicklung, dass viele Bürger den Eindruck bekommen, Politik handle unberechenbar. Es ist gut, dass in der Ampel jetzt ein Einsehen herrscht.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir geben als Land Impulse: Stichwort Internationale Bauausstellung. Wir wollen Musterländle oder „The Musterländ“ für innovatives, zeitgemäßes, nachhaltiges Wohnen sein. Wir wollen Wohnraum für alle, unabhängig vom Geldbeutel. Wir schaffen Wohnraum – bezahlbar, nachhaltig, innovativ. Herzlichen Dank.

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